Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Die drei größten Hürden zur Vorbeugung von BurnOut

Veröffentlicht am 13.01.2015

Erinnern Sie sich, als Sie ein Kind waren, eine ähnliche Situation wie folgende erlebt zu haben?

Im Spiel vertieft, bauen Sie vielleicht gerade einen komplizierten Turm, oder sind mitten in einer Streitschlichtung zwischen Ihren beiden Lieblingspuppen UND DANN rupft Sie plötzlich eine energische Hand weg aus dem Raum, wo Sie gerade in einer ganz anderen Welt waren und Sie hören: “schnell schnell, wir müssen noch ….”.

Finden Sie das in Ihrem Alltag auch heute noch wieder? Kaum haben Sie eine Aufgabe angefangen, kommt die nächste dazu? Keine Zeit, einen Übergang überhaupt wahrzunehmen? Gehetztsein, immer mehr Unausgewogenheit zwischen Arbeit und Freizeit, Verlust von Liebes- und Genussfähigkeit, immer häufiger Gefühle von innerer Leere und Energielosigkeit ….

Wir meinen, immer mehr schaffen zu müssen und verpassen darüber das Leben. Diese Haltung sitzt tief. Und bei vielen.Das macht krank. Nicht nur unseren Körper, sondern auch unseren Geist. Der kommt nämlich durch die zunehmende Hektik der Gedanken kaum noch zur Ruhe – Burnout, Ausgebrannt-sein droht.(1)

ACHTSAMKEIT* mithilfe von körperzentrierten Bewusstseinsübungen zu lernen, wird derzeit zu Recht hoch gehandelt als effektivste Form der Burn-Out Prophylaxe.

Seit einigen Jahren finden Achtsamkeit viel Beachtung in Großkonzernen und zunehmend auch im Mittelstand. Technik- und Automobilkonzerne in den USA starteten vor fast 10 Jahren mit Meditationskursen und eigens bereitgestellten Räumen. Laut dem MagazinManagerSeminare ist nun die Welle auch in Deutschland angekommen und erwähnt z.B. den Elektronikkonzern ABB AG. Sie haben erkannt, dass die klassischen Maßnahmen für Stressreduktion und Gesundheitsprävention, wie Gutscheine für das Sportstudio oder Nackenmassagen am Arbeitsplatz zu kurz greifen. Es gibt bereits einige Studien, die belegen:(2)

Der Gewinn für Unternehmen, die Achtsamkeitstrainings für Ihre MitarbeiterInnen anbieten, zeigt sich in einer höheren Stressresistenz, bessere Leistung und mehr Kooperation.

Was die Einführung in der Arbeitswelt so schwierig macht, wird anhand der drei größten Hürden anschaulich, die mir aus meiner eigenen 35jährigen Erfahrung mit Achtsamkeitspraktiken bekannt sind.

HÜRDE NR I
Überwinden Sie das Diktat von Leistung

Nicht das wir uns missverstehen: ohne Leistungsorientierung geht nichts. Wer gut darin ist, die Dinge anzupacken, dem Handeln Vorrang gegenüber dem Fühlen, der Intuition gibt, hat gute Karten, als MacherIn groß raus zu kommen. Hier geht es um Ausgewogenheit, um eine stimmige und flexible Einstellung – und um Ihre Gesunnderhaltung und die Ihrer Beschäftigten.

Stellen Sie sich vor, Sie stehen unter der Dusche, haben sich gerade das Haar schamponiert – und dann bleibt das Wasser weg. Springen Sie wild fluchend aus der Dusche? Oder spüren Sie in sich hinein – empfinden kurz Schrecken und Ärger, erkennen, jetzt muss es ohne Wasser gehen, eine offene akzeptierende Haltung gegenüber allem, was man im Augenblick wahrnimmt? Dann sind Sie achtsam mit sich (und der Dusche) umgegangen. Ihr Puls beruhigt sich schnell, der Ärger auch.
Das gelingt nur, wenn Sie in dieser Situation Ihren Leistungsanspruch (die Dusche hat zu funktionieren!) loslassen können. Reparieren geht auch später.

Viele Menschen, die Achtsamkeits- oder Meditationskurse besuchen, hadern mit dem verinnerlichten Diktat von Leistung.”Ich bekomme meine Gedanken nicht IN DEN GRIFF”, ist so eine typische Aussage. Dass es dabei vielmehr um LOSLASSEN KÖNNEN geht, wird erst in der wiederholten Erfahrung deutlich und motiviert sie, dran zu bleiben.

Sie fühlen sich bereits entlastet, wenn sie sich darüber klar werden, dass der hohe Leistungsanspruch zutiefst in unserer kulturellen Orientierung eingebettet ist. Es ist kein individuelles Versagen, wenn das Loslassen so schwer fällt.

Zu lernen, dem Diktat von Leistung nicht immer zu folgen, kann Ängste wecken, als schwach angesehen zu werden.

Eine Studie der ComTeam AG aus Gmund am Tegernsee hat Befragungen von 556 Berufstätigen ausgewertet und festgestellt: “Versteher-Qualitäten wie Selbstreflexivität, Empathie und Achtsamkeit gelten zwar als wichtig, werden aber kaum mit klassischen Führungseigenschaften wie Charakter- und Entscheidungsstärke in Verbindung gebracht.” ComTeam-Vorstand Lorenz Forchhammer dazu: ‘Viele denken offenbar, dass es nicht ratsam ist, diese Qualitäten zu zeigen, weil sie ihnen als Schwäche ausgelegt werden könnten.’ Forchhammer vermutet aber auch eine unzutreffende Interpretation von Führungsqualitäten.”Denn wie zum Beispiel sollte die Selbstkontrolle, die die Mitarbeiter bei den Führungskräften wahrnehmen, ohne Selbstreflexion zustande kommen?” (3)(4)

Ein Tipp für Sie,

wie Sie testen können, ob Achtsamkeit an Ihrem Leistungsanspruch rütteln kann: überlegen Sie doch einmal, wie Sie bei Missgeschicken oder Fehlern reagieren. Wenn Sie merken, der Puls geht hoch, halten Sie inne und beobachten mit Ihrer “Leistungsbrille”: was genau hat wie zu funktionieren? Können Sie JETZT daran etwas ändern? Spätestens hier beruhigt sich Ihr Puls, wenn Sie erkennen, dass Handeln jetzt nicht angesagt ist.

Oder, nehmen Sie sich doch für heute vor, genau eine Situation mit Achtsamkeit zu erleben – etwa: bei der Begrüßung eines Kollegen können Sie “den Zeitlupen-Modus” einschalten, mit wachen Sinnen aufnehmen, wie Sie Ihr Gegenüber durch Ihre “Leistungsbrille” beurteilen: was sehen Sie (nicht starren!) und wie bewerten Sie das? Unterscheiden Sie zwischen Wahrnehmung und Bewertung!

Wichtig ist den Fokus der Aufmerksamkeit weit werden und Bewertungen los zu lassen.

Merken Sie denn überhaupt, wann Ihr Puls ansteigt? Oder spüren sie ihn nur vermittelt über Ärger oder Furcht. Manche bemerken ihren Puls auch gar nicht mehr, weil sie ständig “unter Strom” stehen. Für das Lernen von Achtsamkeit ist es entscheidend, dass die Körperwahrnehmung funktioniert. Und hier stellt sich die zweite große Hürde ein.

HÜRDE NR II
Überwinden Sie die Feindschaft mit Ihrem Körper

In unserer Kultur liegt der Schwerpunkt unserer Wahrnehmung im Außen. Wir achten vergleichsweise viel weniger differenziert auf Reizinformationen, die in unserem Inneren entstehen.

Leider hat unsere Kultur eine extreme Körperfeindlichkeit über Jahrhunderte tradiert. Das steckt immer noch in uns drin – Geräusche (Niesen, Pupsen etc.), Ausscheidungen, körperliche Gebrechen und Altersprozesse lösen bei uns (im Unterschied zu vielen anderen Kulturen) Empfindungen von Scham, Schwäche und Angst aus, die aber unterdrückt werden.

Weiterhin bemüht sich unsere moderne Lebensführung, die KÖRPERLICHE ARBEIT weitestgehend abzuschaffen. Wir sind es nicht gewohnt, unseren Körper als lebendigen, sich ständig verändernden Körper wahrzunehmen, bzw. erst, wenn er “seinen Dienst” verweigert, Schmerzen und Schäden bemerkt werden. Schönheit und Ästhetik wird so zu einem Oberflächenphänomen.
Doch unser Erleben, Empfinden und Denken – was wir gerade durch Achtsamkeit bereichern wollen – ist nicht ohne Körperwahrnehmung zu haben – und die ist oft unangenehm.
“Achtsamkeits-Anfänger” klagen häufig über große innere Unruhe, wanderndes Kribbeln und Jucken. Doch bleiben sie dran, finden sie die wertvollste Quelle für ihre Regeneration IN IHREM KÖRPER! Durch die wiederholte Erfahrung, dass Achtsamkeit Energie und Klarheit bringt, lernen Sie Ihren Körper als Partner kennen.

Ein Tipp für Sie,

um Ihre Körperwahrnehmung zu schulen: Immer wenn Sie sich mit Ihrem Körper beschäftigen, wenden Sie sich ihm in Gedanken WOHL-WOLLEND zu. Wenn Sie Duschen, Essen, auf Toilette gehen, aufstehen, um sich zu bewegen, achten Sie auf Ihre innere Stimme: ist sie kritisch, verzeihen Sie sich. Erlauben Sie sich Dankbarkeit für Ihren Körper, so wie er jetzt gerade ist – ganz ohne zu mäkeln. Keiner ist ohne Makel!

Erinnern Sie sich an Situationen, wie Sie z. B. als Kind ihren Körper wahrgenommen haben – beim Schaukeln oder Raufen oder Eisessen? SO GANZ IN SICH VERSUNKEN und OHNE LEISTUNGSGEDANKEN – Gönnen Sie sich das wieder!

Wenn Sie sich vom Leistungsdiktat verabschiedet haben und sich Ihrem Körper wohlwollend widmen können, was bleibt denn da noch für ein Hindernis, dass Sie davon fernhält, Achtsamkeitspraktiken als Burn-Out Prävention im Arbeitsalltag einzuführen?

HÜRDE NR III
Überwinden Sie die Trennung von Anspannung und Entspannung

Wie oft werfen Sie sich selbst vor, dass Sie sich zu wenig entspannen? Vertreten Sie auch die Meinung, nach getaner Arbeit richtig ausspannen zu wollen? Vergessen Sie diesen irreführenden Anspruch! Zwar ist es richtig, Arbeit und Freizeit zu trennen, aber bitte nicht NICHT ARBEIT UND LEBEN!!!

Wie ein Saiteninstrument, brauchen auch Sie die RICHTIGE SPANNUNG in jeder Lebenslage: nicht zu straff, sonst reissen die Saiten und nicht zu schlapp, sonst gibt es keinen guten Ton. Und beim Einstimmen wechseln Sie zwischen Spannung zugeben und nachgeben – am richtigen Ton merken Sie die richtige Spannung.

Eine effektive Burn-Out Prävention bietet kein Ausgleichsprogramm, in dem Sie und Ihre MitarbeiterInnen lernen, sich besser zu entspannen, um gleich darauf während der Arbeit wieder in dieselben Stress-Muster zu verfallen.

Daher wird ein effektives Programm die gesamte Organisation und den ganzen Menschen ansprechen und die drei beschriebenen HÜRDEN BERÜCKSICHTIGEN. Nehmen Sie die Burnout Prävention ernst, dann:

  • führt die Überwindung vom Leistungsdiktat dazu, dass Sie und Ihre MitarbeiterInnen ihre Leistungs-Ziele flexibler und besser anpassen können an die individuelle Leistungsfähigkeit und -bereitschaft einerseits, und andererseits können Sie dabei auch viel genauer die sich verändernden geschäftlichen Rahmbedingungen berücksichtigen.
  • führt die Überwindung der Körperfeindlichkeit dazu, dass Sie und Ihre MitarbeiterInnen sowohl sich selbst als auch ihr Gegenüber (ob Kollege oder Kunde) wohlwollender mit all ihren Stärken und Schwächen annehmen können und diese überhaupt viel besser kennen lernen. Das schließt auch das Unternehmen als “Körper” ein, “denn das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, eine Silbe ist nicht die Summe ihrer Laute”.
  • die Überwindung der Trennung von Anspannung und Entspannung dazu, dass Sie die Lebensbedingungen (denn wir leben, wenn wir arbeiten) viel genauer in den Blick nehmen und viel leichter entsprechende Maßnahmen zur Unterstützung einführen können. Seien es bspw. flexiblere Arbeitszeiten zur Berücksichtigung von Familiengründungs- und Elternpflegezeiten oder individuelle Förderprogramme für weibliche Führungskräfte und High Potentials.

Dass es sich bei der effektiven Implementierung von Maßnahmen zur Burnout Prävention um einen langfristigen Prozess handelt, dürfte auf der Hand liegen.

Testen Sie die Wirkung von Achtsamkeitsübungen zunächst für sich persönlich, z.B. bei einem der Wochenendseminare, die ich gemeinsam mit Dagmar Konrad von EQ-Consulting anbiete.

Sie können hier für sich ausprobieren, welche Übungsform Ihnen entspricht und wie Sie “Ihren richtigen Ton durch welche Saitenspannung zum Schwingen bringen”.

Wir laden Sie herzlich dazu ein, eine neue Erfahrung zu machen.


 

Die Autorin Jacqueline Crawford, Ethnologin M.A., interkultureller Coach und systemische Beraterin nutzt Achtsamkeitspraktiken in all ihren Programmen zur Entwicklung von Resilienz von Menschen und Organisationen in Krisen- und Übergangssituationen (Embodying Diversity and Embracing Change). Sie praktiziert seit 35 Jahren klassisches Hatha-Yoga und meditiert seit fast 6 Jahren bei Rudi Baier (Schüler von Hetty Draayer).